Geschichte
Die Societät in Emmerich am Rhein
Die erste Erwähnung einer Societät in Emmerich ergibt sich aus der Buchhaltung des damaligen Probstes von St. Martini, Johann Anton Goossens. Dieser führt in seiner Buchführung vom 16.5.1804 als eine Position auf"wegens een Jaar Contribution tot de groote Societeit: 8 Taler", "voor ballotage: 2 Taler", "Weynverteering: 1 Taler 6 Stüber". Die Stadt Emmerich gehörte damals zum Herzogtum Cleve, das ab 1609 durch Erbvertrag an Brandenburg und dadurch später an Preußen gefallen war. Daher steht ja auch auf dem Platz vor der Schwanenburg der „Große Kurfürst“, also der berühmte Kurfürst von Brandenburg, als Reiterstandbild.
Für Preußen, das in den Anfängen eher Gebiete, die im Osten und Südosten des eigentlichen Stammlandes lagen, also etwa Schlesien, hinzu erwerben wollte, waren Städte wie Kleve, Rees und auch Emmerich schon von der Lage eher uninteressant. Aber dennoch fühlten sich die Rheinländer unter den Preußen einfach nicht sonderlich gut aufgehoben und es gab immer wieder wechselseitige Ressentiments. Das mag auch an den unterschiedlichen Konfessionen gelegen haben, was damals eine ungemein wichtige Rolle spielte: Das Rheinland war durchgängig katholisch, Berlin und Preußen fast ausschließlich protestantisch.
Das alles führte letztlich in vielen rheinischen Städten zur Gründung solcher Gesellschaften, die außer „Societät“ auch „Casino“, „Redoute“ oder auch „Ressource“ hießen.
Wie sich schon aus diesen Namen ersehen lässt, wurde die Gründung auch durch die Gedanken der französischen Revolution beeinflusst. Es waren also eher anti-monarchistische Bestrebungen des aufgeklärten Bürgertums, welches sich selbst seine Bühne schaffen und auch Versammlungsfreiheit durchsetzen wollte. In Duisburg gründete sich eine Societät 1774, in Kleve etwa 1781, in Moers 1780 in Wesel 1790. Die mit uns bis heute befreundeten Societäten in den Niederlanden, also die „Groote Societeit Arnhem wurde 1763 und die Societeit „De Harmonie“ in Nijmegen wurde 1812 gegründet. Es ist deshalb auch nicht ganz überraschend, als mit der Restauration der Monarchie durch Napoleon und der Besetzung des Rheinlandes durch Napoleons Truppen alle solche Vereinigungen sofort verboten wurden.
Die Societät in Kleve wurde kurz nach 1794 verboten, die Societät in Emmerich erst 1806, weil unsere rechte Rheinseite erst um einige Jahre später als die linke Rheinseite vom französischen Recht und seinen Konsequenzen erfasst wurde. Nach der Schlacht von Waterloo im Jahre 1815 wurden die Franzosen wieder aus dem Rheinland vertrieben und die bürgerlichen Bestrebungen, die unterdrückt worden waren, meldeten sich wieder aufs Neue. Sie mündeten ja letztlich in der einzigen Deutschen Revolution von 1848.
Folglich erfolgte 1816 die Neugründung der Societät in Emmerich.
„Es war am 30. April 1816, als eine Anzahl älterer Herren, welche in den trüben Tagen der Fremdherrschaft die stille Weinstube einer Jungfer Kock in dem jetzigen Janssen´schen Haus auf dem Geistmarkt zu besuchen gewohnt waren, veranlasst durch den Weinhändler J. Jansen, der nach dem Tod der Eigenthümerin obiges Lokal gekauft, den löblichen Entschluss fassten, eine neue geschlossene Gesellschaft von echt deutscher Gemüthlichkeit hier in Emmerich zu gründen. Nachdem vorher die in dem so genannten Musikcollegium Nr. 675 auf dem Geistmarkte eingemiethete Vereinigung, welche unter trostlosen Zeitverhältnissen verkommen war, sich aufgelöst hatte, traten 31 Herren laut Protokoll vom obigen Tage zu der am 1. Mai zu eröffnenden Gesellschaft „Societät“ zusammen. (Zitat aus der Festschrift anlässlich des 50. Stiftungsfestes der Societät)
Das Gründungsjahr der jetzigen Societät kann man somit richtigerweise „nur“ auf das Jahr 1816 legen und alle Versuche, die Societät noch älter zu machen, sind nicht haltbar. Die Vorgängerin war schließlich „unter trostlosen Zeitverhältnissen verkommen“ und hatte sich aufgelöst. Ab dem 5. September 1826 führte die Societät, die sich vorher in Gastwirtschaften getroffen hatte, eine Wirtschaft mit eigenem Oekonomen. Die erste über die eigene Oekonomie vorgelegte Abrechnung schließt ab mit Einnahmen in Höhe von etwa 3.235 Talern, denen Ausgaben gegenüber standen in Höhe von ungefähr 3.190 Talern.
Am 4. Juli 1840 erlangte die Societät Emmerich Rechtsfähigkeit durch Allerhöchste Kabinettsorder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV vom 24. Juni 1840.
Der erste Weltkrieg mit seinen gesellschaftlichen Umwälzungen traf natürlich auch die Societät und ihre Mitglieder.
Ein Teil der Mitglieder war gefallen. Die Standesunterschiede, die noch im Kaiserreich galten, wurden geschleift. Die Gleichberechtigung rückte voran. In der Societät gründeten sich prompt die ersten reinen Damenkegelclubs, u. a. mit den schönen Namen „UKS“ oder auch die „Remonten“, ein Klub, den es heute noch gibt.
Nur zur Erklärung: „Remonten“ wurden damals die Nachwuchspferde beim Militär genannt, die noch eingeritten werden mussten, und „UKS“ war nichts anderes als die Abkürzung für „Unschuld, Kraft und Schönheit“. Man sieht, auch unsere Großmütter hatten Sinn für Humor und nahmen sich selbst gerne auf die Schüppe.
Mitglieder der Societät spielten im Garten des Grundstücks „Eltener Straße 4“, also nicht weit entfernt von dem Garten der Societät, auf dem dortigen privaten Platz Tennis, bis aus diesem Kreis der Societätsmitglieder der Tennisclub Rot-Weiss Emmerich hervorging, der früher die Räume Societät als eigenes Clubhaus ansah, bis ein eigenes Clubheim entstand.
Eine enge Verbindung bestand auch immer zur Schützengesellschaft „Borussia“.
Weil deren damaligen Räume an der ´s Heerenberger Straße im Winter nicht zu heizen waren, trafen sich zu der zeit die Mitglieder der Borussia dann in der Societät. Im Übrigen sind sowohl die Borussia als auch der Bürgerverein Emmerich in den Räumen der alten Societät gegründet worden.
Es gab für die Mitglieder der Societät in dieser Zeit gemeinsame Essen, es gab Bälle und sonstige Tanzveranstaltungen und Modeschauen, es wurden Theaterstücke aufgeführt, für die es sogar eine eigene Bühnenausstattung gab.
In unseren Räumen wurden überregionale Zeitungen gelesen, denn die waren teuer und nicht immer einfach zu erlangen. Bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten hatte die Societät Zeitungen aus allen Teilen Deutschlands, aber auch aus den Niederlanden und der Schweiz abonniert, die im Lesesaal auslagen.